Auf Zucker verzichten (Wir haben es ausprobiert, Folge 1)

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(Schnee im Bayerischen Wald. Unter kurzzeitigen Heißhungerarttacken leidend durchaus an Zucker erinnernd.)

Nach den wie immer sehr zuckerlastigen Weihnachtstagen des Jahres 2021 haben mein Partner und ich ‒ mit dicken Bäuchen und einer Art dumpfen Nebel im Kopf ‒ spontan beschlossen, eine Zeit lang zuckerfrei zu leben.

Gestartet haben wir das Experiment dann zum 1. Januar. Und nun ‒ bereits gegen Ende des Monats ‒ sind wir verblüfft wie anders wir uns fühlen. Doch dazu mehr am Ende dieses Erfahrungsberichts ...

Wenn man Menschen erzählt, dass man vegan lebt, setzt meistens ein Reflex ein, der das Gegenüber seinerseits antworten lässt: «Ich esse ja ganz wenig Fleisch...» ‒ Wir hingegen haben unserer Meinung nach nie sonderlich viel Zucker gegessen. Wenig verarbeitete Lebensmittel, in welchen fast immer Zucker zugesetzt ist. Gut, morgens Marmelade. Und Mittags ein Glas Limo. Ach ja, und Nachmittags Kuchen oder Schokolade zum Kaffee. Achso, und abends Süßigkeiten oder Chips. ‒ Da kommt in Summe dann schon etwas zusammen!

Aber wenigstens quasi alles in Bioqualität... Dass die Zuckeranteile hier aber gar nicht sonderlich reduziert sind im Vergleich zu konventionellen Nahrungsmitteln ‒ wie ich an der Limo-Nährwerttabelle feststellte ‒ war mir weniger klar. Auch wusste ich nicht, dass man vegane Mayonnaise ohne Zuckerzusatz schwer bis gar nicht findet und sogar meinem veganen Joghurt oder Käse etwas Zucker zugesetzt ist. Da kommt dann in Summe noch mehr zusammen ... Bestens motiviert sind wir also gestartet in:

TAG 1:

Wir haben erst einmal wild entschlossen alles aus der Küche und Vorratskammer verbannt, was uns «in Versuchung» hätte führen können. Die Süßigkeiten-Schublade wurde in Folge ziemlich überschaubar: ein bescheidenes Rest-Sortiment von drei, vier einsamen Produkten (hauptsächlich Nüsse). Gemerkt vom ersten zuckerfreien Tag haben wir körperlich-psychisch nichts an Tag 1. Das geht ja einfach! :-) 

TAG 2:

Und Zack! Bereits am 2. Tag waren Veränderungen festzustellen: Wir zickten uns gegenseitig an. Eine leicht auszulösende Aggressivität war nicht zu übersehen: Man konnte die Wut auch nicht mit Humor nehmen (es war todernst!). Wir hatten «keine Nerven» ... Bemerkenswerterweise haben wir diese Phase jedoch gar nicht mit dem «Entzug» der Droge Zucker in Verbindung gebracht ‒ in der Annahme so schnell ginge das nicht ... Warum Droge? Ist das nicht reichlich übertrieben? ‒ Der Neurowissenschaftler Eric Stice vom Oregon Research Institute hat in einer Studie herausgefunden, dass Zucker dieselben Hirnregionen aktiviert wie Kokain ...

TAG 3 UND 4:

Die Wut war weg. Aber eine Art Verzweiflung setzte ein: Wir hegten quasi den ganzen Tagesverlauf über immer wieder zwanghafte Gedanken darüber, was wir Süßes hätten essen können und nun eben nicht konnten ... 

Was an diesen beiden Tagen noch spürbar war, war das Gefühl «nicht richtig gegessen zu haben». Dieses Phänomen wird so manche(r) aus der Übergangszeit kennen; wenn man sich erst seit kurzem vegetarisch oder vegan ernährt. Der Darm kann sich zwar innerhalb eines Tages (!) umstellen auf das, was ihm zugeführt wird, aber die Psyche ist hier anscheinend langsamer.

TAG 5 (oder: die Erlösung):

Diese Zwangsgedanken ließen dann aber spätestens am Einkaufstag nach. Wir besorgten uns jede Menge frisches Gemüse und Obst, denn wir spürten deutlich, dass wir nun besser, besonderer essen mussten. Aber wir besorgten auch Alternativen wie zuckerfreien Senf. Marmelade mit 70% Fruchtanteil und 30% Agavensirup / Apfelsüße. Oder ‒ für die Psyche wichtig! ‒ zuckerfreie Schokolade. Denn wir wollten ja nicht auf die Süße im Leben verzichten, sondern auf Rohrzucker / Rübenzucker.

In Sachen Schokolade gibt es mittlerweile tolle Alternativen: Schokolade mit Kokosblütenzucker oder rohe Schokolade mit Dattel-Feigen-Süße. (Mein Partner kaufte sich kurzerhand 100%ige Schokolade ‒ also Kakao, komplett ohne Süßungsmittel. Mutig. Meiner Meinung nach nur etwas für Hartgesottene ‒ so in etwa muss Kerzenwachs schmecken, besagte meine Kostprobe.)

Wir besorgten uns ebenso Dattelsüße (Pulver, das sich nicht in Wasser löst) und Apfelsüße (Sirup), sowie Kokosblütenzucker zum Backen. Die erste Belohnung nach zwei Wochen Durchhalten sollte nämlich ein Kuchen bilden. (Der vegane Käsekuchen schmeckte in etwa so, als ob ein kleines Kind sich backtechnisch in der Küche ausprobiert hätte ‒ hier müssen noch Erfahrungen gesammelt werden. Der zweite Kuchen, ein Rotwein-Schoko-Rührkuchen schmeckte dann schon einwandfrei.)

Wir hatten nämlich auch die Befürchtung, dass der im Internet vielzitierte Gewichtsverlust einsetzen würde. Wir sind ohnehin recht schmal gebaut. Wir haben jedoch bisher nicht abgenommen.

Mit all dem musste also auf nichts verzichtet, nur verändert werden.

Was hat's gebracht?:

Wir haben in den nachfolgenden Tagen folgende positive Veränderungen bemerkt:

  • Tieferer, erholsamerer Schlaf
  • Mehr Durst auf Wasser, viel weniger Lust auf Süßes
  • Bessere Verdauung
  • Weniger Müdigkeit
  • Klarerer, wacherer, ausgeglichener Grundzustand
  • Sauberes Gefühl der Zähne


Diese Auswirkungen sind nun so unerwartet eindrücklich und überzeugend, dass wir beschlossen haben das Experiment auszuweiten und erst einmal nicht zu verlassen. Natürlich werden wir noch punktuell mal Zucker essen, aber im Alltag sind wir gewilllt, weitestgehend darauf zu verzichten und durch die besagten Alternativen zu ersetzen!

Nachtrag: Wir haben auf Zucker verzichtet und gute Erfahrungen damit gemacht. Wir haben uns gedacht, dass man diese Entgiftung fortsetzen und auf aktuelle Nachrichten verzichten könnte ‒ Teil 2 «Wir haben es ausprobiert» hier lesen!

  

© Maria Rabia Rossmanith, MEERSTERN.de 


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