Zum Tod von Clemens G. Arvay

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Foto: © Lukas Beck; Wien

Ich schreibe diese Zeilen am 24. Februar 2023, einen Tag nachdem die Welt erfahren hat, dass Clemens G. Arvay sich am 18.02.2023 mit 42 Jahren das Leben genommen hat. 

Dies hat mich und mein Umfeld tief erschüttert, und fassungslos stehe ich einer Welt gegenüber, die ohne ihn ärmer geworden ist.

Clemens Arvay war unter anderem Biologe, freier Sachbuch-Autor, Wissenschafts-Journalist und Doktorand am Institut für Biologie der Universität Graz. Er hat sich kritisch mit der Corona-Pandemie auseinandergesetzt, in einer besonnenen, sorgfältigen und differenzierten Weise. Arvay beschäftigte sich intensiv mit umstrittenen Biotechnologien und engagierte sich leidenschaftlich im Tierschutz. Seine Masterarbeit hatte Clemens Arvay dem Thema Selbstversorgung gewidmet. Er hat zudem viele Jahre zum Thema Naturverbundenheit (Gesundheitsökologie; eine biologische Wissenschaft; Ökopsychosomatik) geforscht und publiziert und war dazu gern gesehener TV-Gast: Er informierte darüber, wie die Natur unser Immunsystem unterstützen kann, und betrachtete die Bedeutung kranker und gesunder Ökosysteme für den Menschen. ‒ Arvay hat sich also mit viel Sensibilität, Expertise und Herzblut dem gewidmet, das die Menschheit meiner Meinung nach noch erinnern und retten könnte, bevor sie sich, durch die Entfremdung der eigenen lebendigen Lebensgrundlagen gegenüber, selbst zerstört.  

Er hinterlässt einen kleinen Sohn, der Autist ist. Er hinterlässt mehrere geplante Projekte, wie eine neue Website arvay.tv, ein im Frühling erscheinendes Buch über Selbstversorgung und seine unvollendete Doktorarbeit.

Und er hinterlässt dieser Tage eine große dunkle Lücke, gleich einem Leuchtturm, der erloschen ist.

Seine offizielle Website ist nicht mehr erreichbar. Seine Videos zum Thema Corona sind auf «YouTube» gelöscht worden.

Clemens Arvay hat sich auf den Tag genau zwei Jahre nach dem Erscheinen seines Buches «Corona-Impfstoffe: Rettung oder Risiko?» (18.02.2021; Quadriga-Verlag) umgebracht. 

Warum er sich letztlich das Leben genommen hat, kann kein außenstehender Mensch wissen. Was ihn in den letzten Jahren beschäftigt hat, darüber hatte er jedoch mehrfach über «Facebook» oder «YouTube» berichtet. Arvay sprach von «Zermürbungstaktik» und «Psychoterror».0 Und das nehme ich zum Anlass, ihn einerseits zu würdigen und andererseits einen hässlichen Aspekt unserer heutigen Gesellschaft / Medienlandschaft zu betrachten.

Vorneweg möchte ich eine These aufstellen: Die Welt braucht Menschen, die sich eben kein «dickes Fell zulegen» können. Die offen, verletztlich und sensibel bleiben. Jede und jeder von uns sollte von Clemens Arvay lernen: Man sollte sich eben schon «zu Herzen nehmen», was da draußen passiert. Dann würde nämlich so einiges gesunden. Und davon abgesehen sollte es natürlich auch nicht derart viele Gründe geben, um überhaupt ein dickes Fell haben zu müssen.

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Clemens Arvay war ein außergewöhnlicher Mensch. Ein sensibler, sehr naturverbundener, zutiefst friedlicher Mensch mit festen Werten und strengen moralischen Ansprüchen an sich selbst und seine Arbeit. 

Es gibt eine Online-Enzyklopädie, die größte der Welt. Man sollte meinen, dieses «freie» und gemeinnützige Nachschlagewerk wäre im bestmöglichen Sinne objektiv ‒ ein seriöses, neutrales Werk. Ist es doch eine Art Gemeinschaftsprojekt, das demokratisch viele Stimmen ‒ und somit Korrekturen ‒ zulässt und eine gewisse Transparenz über die Entstehungsvorgänge eines Eintrags bietet. «Wikipedia» ermöglicht jedoch Menschen, anonym dort zu publizieren und zu editieren.

Was soll es einem sagen, wenn ein einzelner Account sich an einem Thema (in der Regel geistes- und politikwissenschaftlicher Natur) festbeißt und dabei regelmäßig Tag und Nacht zugange ist? Ist das noch eine normale Person in ihrer Freizeit? Oder vielleicht vielmehr ein bezahlter Mensch oder ein bewusst eingesetzes Kollektiv?

«Man nimmt alles raus, was facheinschlägig ist von mir; man nimmt alle positiven Rezensionen auch raus, ersetzt sie durch negative und möchte mich sozusagen ganz weit weg von diesem Thema positionieren und dann noch mit schlechten Rezensionen eindecken. Man gräbt in meiner Vita offensichtlich Tag und Nacht.»0 (Clemens G. Arvay)

Man sollte meinen, dass im Jahr 2023 eine Diversität an Meinungen und Forschungsergebnissen gewünscht wäre. Gewünscht bei der Enzyklopädie scheint es zu sein, bei «umstrittenen» Personen jede noch so kleine und unbedeutende (und natürlich auch gern große) Nachrichtenquelle, die in irgendeiner Weise negativ berichtet, zu versammeln. Diese Schandtaten eines Menschen werden konstruiert zu einer Demontage der Person, die der Gesellschaft nicht passt bzw. nicht passen soll. Gleich einer Art verschriftlichter Weihnachtsmann-Standpauke für ein Kind; doch das nicht am Jahresende, sondern 24/7 ‒ das ganze Jahr ‒ für jeden sichtbar. «Petzen» laufen zu Höchstformen auf, indem sie mit innerlich ausgestrecktem Finger schreiben dürfen und sollen: "XXX hat mit XXX geredet!", "XXX hat XXX behauptet!" Zudem berichtete Arvay in einem eigenen, auf «YouTube» mittlerweile gelöschten Video davon, dass wichtige Fachartikel aus seiner eigenen Feder bewusst aus dem «Wikipedia»-Eintrag (Werkliste) entfernt wurden, etwa die Mitwirkung an einem Fachbuch bei einem renommierten akademischen Verlag (Cambridge Scholars; University of Camebridge); gleichzeitig wurde etwa ein privater, tendenziös-negativer, von der Pharmaindustrie mifinanzierter Blog zitiert0. Über die Manipulation von «Wikipedia» zugunsten der Pharmaindustrie hat übrigens «DER SPIEGEL» bereits 2011 berichtet («Wir bleiben im Hintergrund»). ‒ Bringt uns all das denn irgendwie in irgendeiner Form konstruktiv weiter?

«Ein so komplexes Geschehen wie COVID-19, das nach wie vor viele Fragezeichen beinhaltet, braucht einen umfassenden und differenzierten Diskurs, keine Denkverbote und keine Totschlagargumente.»
(Clemens G. Arvay in «Wir können es besser», S. 82, Quadriga-Verlag)

Im «Wikipedia»-Eintrag von Clemens G. Arvay (Stand 23.02.2023) ist gleich im ersten Absatz oben ‒ damit man gleich weiß woran man ist! ‒ zu lesen: «Er fiel besonders durch irreführende Schlussfolgerungen über das Verhältnis zwischen Nutzen und Risiko der Corona-Impfstoffe auf.»1 Das ist Satz Nummer 4 seines gesamten Eintrages! Man fällt als Kind auf, wenn man im Laden geklaut hat oder seine Unterhose auf dem Kopf trägt. Man fällt als Erwachsener auf, wenn man sich in irgendeiner Weise fehlverhalten hat. In einer gesunden Gesellschaft «fällt» man als Wissenschaftler:in nicht «auf»; man «zeichnet» sich vielleicht aus.

Es fällt auf: In einem gesunden Online-Nachschlagewerk fällt man ebenfalls nicht auf. Ein Satz wie: «Er setzte sich kritisch mit dem Nutzen- und Risiko-Verhältnis der neuartigen Corona-Injektionen auseinander» wäre meiner Meinung nach viel eher angebracht. 

Arvay selbst hat auf seiner eigenen Website seinen «Wikipedia»-Eintrag, den er als «unterwandert» betrachtete0, eigens kommentiert und korrigiert, selbiges hat er sogar direkt auf «Wikipedia» mit einem eigenen Nutzeraccount erfolglos versucht. (Dazu exemplarisch die schriftliche Stellungnahmen zweier Professoren hier und hier, eine Bestätigung der Fachbereitsleiterin, die Arvays Diplomarbeit betreute, hier einsehen.)

Besonders frech und dilettantisch: Sogar seine ‒ selbstverständlich dokumentierte ‒ Ausbildung wurde infrage bzw. falsch dargestellt. Ihm wurde von «Wikipedia» im Eintrag abgesprochen, dass er Biologe war (!). Zum Stand 26.02.2023 ist Arvay sagenhafterweise nach wie vor lediglich «Sachbuchautor». Arvay hatte zwei biowissenschaftliche Studienabschlüsse und sich schwerpunktmäßig professionell mit biologischer Wissenschaft befasst. Seine Ausbildung an einem biowissenschaftlichen Zentrum (Universität für Bodenkultur, Wien: «BOKU - University of Natural Resources and Life Sciences - The University of Sustainability and Life») wurde als «landwirtschaftliche Schule» dargestellt. Es wurde hinter den Kulissen des Weiteren wahnwitzigerweise behauptet, das Fachgebiet «Gesundheitsökologie» wäre von Arvay erfunden worden, und der Begriff wurde zeitweise ebenfalls gelöscht. Seine Bücher zum Thema Gesundheitsökologie wurden übrigens in zahlreiche Sprachen übersetzt, so auch ins Chinesische und Koreanische. 

«Das meiste von dem, was wir heute wissen, wird in der Zukunft widerlegt oder umgedeutet sein. So funktioniert Wissenschaft ‒ nicht durch blindes Vertrauen, sondern durch ständigen Zweifel.»
(Matt Haig in «Ziemlich gute Gründe, am Leben zu bleiben», dtv)

Und dass das Corona-Thema nicht einen Hauptteil seiner Arbeit ausmachte, steht auf einem anderen Blatt. Die Gewichtung ist willkürlich; bei Arvay nimmt «COVID-19 und Impfstoffentwicklung» den weitaus größten Teil seines Deutschen Eintrags ein.1

Der Eintrag strotzt nur so vor Herabwürdigung. So «versucht» Arvay eine Analyse, biete «exzessives Gerede», sei ‒ natürlich! ‒ «Verschwörungstheoretiker» und ‒ als Krönung der Geschmacklosigkeit ‒ ein «klassischer Corona-Trittbrettfahrer» mit seinen Büchern ‒ welche Bestseller wurden. Und millionenfach geklickten Videos.1

Interessant bei alledem: Im englischsprachigen «Wikipedia» hingegen ist der Ton weitaus gemäßigter.

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«(...) eine Beeinflussung der globalen Politik durch die Interessen vor allem der pharmazeutischen Industrie, die sich auf Corona aufgesetzt haben. Ich sage nicht, dass sie das erfunden haben oder dass es Fake ist, aber sie haben sich sehr stark darauf aufgesetzt. Und deswegen ist dieser Kurs jetzt mit Evidenzen nicht mehr korrigierbar. Ich erlebe es auch aus meiner Pressearbeit, wie massiv festgefahren das ist. ‒ Habe ich noch nie erlebt zuvor. Sie sehen, ich bin auch sehr besorgt. (...) Ich lasse mich auch nicht einschüchtern. Da war ja die Agroindustrie und die Saatgutindustrie, mit der ich mich in der Vergangenheit angelegt habe, ein Kinderspiel dagegen.»0 (Clemens G. Arvay) 

Arvay, der auch Musiker war, hat uns ‒ neben der differenzierten Auseinandersetzung mit der Corona-Pandemie und der Kritik beispielsweise an verkürzten Zulassungen bei den entsprechenden Impfstofffen ‒ wie gesagt noch viel mehr hinterlassen. Er wollte die Themen laut eines «Facebook»-Posts von vor ‒ auf den Tag genau ‒ einem Monat, am 24.01.2023, sogar ganz hinter sich lassen («Auf Shitstorms, Denunziation und Attacken aller Art auf mich habe ich schlicht keine Lust mehr.»2). Er hat sich etwa kritisch mit den großen Lebensmittel- und Saatgutkonzernen auseinandergesetzt und dabei bewusst die Wichtigkeit und den Lösungsweg der regionalen, kleinteiligen Landwirtschaft und Selbstversorgung betont. Wir haben ihm zu verdanken, dass das japanische «Waldbaden» in unseren Breitengraden bekannter geworden ist, also die Heilkraft des Waldes mehr Aufmerksamkeit bekommt. Zu dieser «Waldmedizin» (Begriff von Arvay) war auch eine Studie in Verbindung mit der Zirbelkiefer von ihm geplant.2022 und 2023 setzte er sich verstärkt mit dem wichtigen Thema Selbstversorgung auseinander.

Heute, am Tag nach Bekanntwerden der erschütternden Nachricht, hat bislang kein einziges größeres oder großes deutsches Medium im Internet über seinen Tod berichtet (Stand: 10:00 Uhr). Lediglich «Wikipedia» hat sein Sterbedatum im Eintrag ergänzt.

Und man fragt sich wirklich, was in der Welt menschlich schiefläuft, wenn «Der Standard» (Österreich) in einer Meldung nach Arvays tragischem Suizid schreiben kann: «Der an der Wiener Universität für Bodenkultur diplomierte Pflanzenwissenschaftler Arvay (...) hatte sich im Zuge der Corona-Pandemie äußerst erfolgreich als Impfskeptiker inszeniert.»4 (Stand vom 23.02.23, 20:30 Uhr) Wie geschmacklos so etwas wenige Tage nach dem Tod eines Menschen ist, fiel dann wohl auch der Redaktion auf, denn danach war «nur» noch der folgende Satz zu lesen: «Der an der Universität für Bodenkultur diplomierte Pflanzenwissenschafter Arvay, der zuletzt auch Doktorand an der Universität Graz war, machte sich als erfolgreicher Sachbuchautor einen Namen. (...) Im Zuge der Corona-Pandemie hat sich der auch musikalisch begabte Arvay erfolgreich als Covid-Impfskeptiker positioniert.»4 (Stand 24.02.23, 9:30 Uhr).

Einige schlimme Hetzer machen sogar nach seinem Tod weiter. Zufällig habe ich einige Postings auf «twitter» entdeckt. Die Worte sind so widerwärtig, dass ich sie hier nicht wiedergeben kann. Warum darf so etwas geschrieben werden?

Die Hetze ging sogar so weit, dass Arvay von einer österreichischen Universität als Doktorand nicht angenommen wurde, da diese von Kritikern im Vorfeld bewusst kontaktiert wurde. 

Wie bereits erwähnt wurde Arvay auch als «Verschwörungstheoretiker» bezeichnet. Und das, weil etwa «Verschwörungstheoretiker» sein Video geteilt haben (!) und er «RT Deutsch» ein Interview gab. Dabei hatte er sich zu Beginn des Interviews vom besagten Sender ausdrücklich politisch distanziert. (Mit Sicherheit hätte Arvay auch lieber dem ZDF ein Interview gegeben, wenn sie ihn denn gefragt hätten ...) Keine Relevanz hatte bei alledem der Umstand, dass Arvay mehrmals öffentlich gegen rechte Verschwörungstheorien und die Reichsbürgerszene aufgetreten ist. 

«Auch die Reichsbürger, mit denen habe ich mich angelegt, weil ich bin ja schon oft gegen rechte Verschwörungstheorien aufgetreten, das ist auch medial dokumentiert (...) Trotzdem versucht mich dieses Klientel durch perfide Art genau diesem Eck zuzuordnen, das ist völlig absurd.»0 (Clemens G. Arvay)

Soweit es für eine Außenstehende erkennbar ist, hat Clemens Arvay die Hetze der letzten Jahre nicht überlebt. Zumindest ist tragischerweise anzunehmen, dass sie mit großer Wahrscheinlichkeit ein Fundament, eine Vorgeschichte für den Schritt seines Freitods war. 

Arvays Arbeit, die er uns geschenkt hat, wird jedoch diese verrückte Zeit überdauern. Deshalb versammeln wir nachfolgend einige seiner Bücher und Videos.

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«Ihr werdet mich nicht mundtot bekommen. Das verspreche ich euch.»0 (Clemens G. Arvay)
Foto: Standbild aus Video «Tiere als Heiler», Clemens Arvay (CGArvay), YouTube

Unsere Welt ist ärmer ohne Dich, Clemens Arvay. 

Wir können so nicht mit Menschen umgehen.

Beantworten wir Hetze nicht mit Hetze, sondern mit Dialog, Klarheit und Achtsamkeit.

In tiefer Dankbarkeit und Respekt, den Angehörigen Anteilnahme aussprechend.

«Der Frieden der Natur wird in dich strömen
wie das Sonnenlicht in die Bäume.»
(John Muir)


© Maria Rabia Rossmanith (Text und Naturfotos), MEERSTERN.de
 

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Bücher von Clemens G. Arvay bei MEERSTERN:


Musik von Clemens G. Arvay bei «YouTube»:


Sehenswerte Videos:
 


Quellennachweise (zzgl. Links direkt im Text):

0 https://www.youtube.com/watch?v=5VIKwcupOKo («Wikipedia hetzt gegen mich! (Clemens Arvay)», RPP Institut)
1 https://de.wikipedia.org/wiki/Clemens_Arvay 
2 https://www.facebook.com/clemensarvay/?locale=de_DE
3 https://fwu.at/biodiversitaet-und-gesundheit-forschungsprojekt-zur-oeko-immunologie-im-naturpark-zirbitzkogel-grebenzen-2021-2024/
4 https://www.derstandard.de/story/2000143871001/biologe-und-corona-impfkritiker-clemens-arvay-gestorben

Einen poetisch-liebevollen Nachruf von Theologe Jürgen Fliege lesen oder anhören.
«Zum Zeichen unserer Liebe, unserer Verbundenheit und unseres Dankes werden wir überall in Europa,
wo man Dich kennt, in diesem Frühling ‒ wenn der Frost den Boden verlassen hat ‒
Bäume pflanzen, die heimlich Deinen Namen tragen.» (Jürgen Fliege)

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© Maria Rabia Rossmanith (Text und Naturfotos), MEERSTERN.de 


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