Marie des Brebies ist ein Buch, in dem nicht viel passiert – wenn man es durch unsere heutigen, action-fordernden Leseraugen beurteilt. Es ist ein Buch, das einen trotzdem gerührt bis zur letzten Seite diesen Reichtum in sich aufnehmen lässt, von dem Marie des Brebies dem Autoren Christian Signol erzählt hat: Vom Reichtum eines ganzen Lebens, eines Lebens, das erfüllt war «vom Zauber der kleinen Dinge».
Wir modernen Menschen haben so viel mehr materielle Güter, als Marie des Brebies sie hatte, die in einfachsten Verhältnissen Anfang des 20. Jahrhunderts in einem Berg-Haus mit ihrer Familie und ihren Schafen lebte. Doch um wieviel erscheint sie uns heute reicher! – Mit ihren Luxusgütern wie Zeit, Dankbarkeit, Gemeinschaft und vor allen Dingen ihrem Blick für's Wesentliche ...
Ein Buch, das gut tut und wertvolle Anregungen ganz anderer Art geben kann: Vielleicht sind nicht Verdienst, Vermehrung, Vergrößerung wirklich die alleinig beglückenden Ziele. Vielleicht macht uns manchmal Einschränkung und Langsamkeit reicher, als wir uns vorstellen können, weil wir ganz andere Dinge dadurch erst sehen und dazugewinnen können.
Die Schilderungen der «Schaf-Marie», die auch als Heilerin wirkte, können uns jedenfalls dabei helfen, diese Fähigkeit wieder für unser eigenes Leben zurückzuerlangen.
«Als ich in den Untergrund hinabsteigen musste, um die Metro zu nehmen, glaubte ich, mir würde das Herz stehen bleiben. Und all diese Leute um mich herum, die Gesichter mit den erloschenen Augen, die Art, sich anzuschauen, ohne sich wirklich zu sehen und sich wie Austern zu verschließen, schon beim kleinsten Lächeln! Oh, wie ging es mir schlecht!»
«Die Jungtiere kommen schon viel weiter entwickelt auf die Welt als die Menschenkinder. Wir stehen nicht so sehr über ihnen, wie man es oft meint. Wenn die Menschen weniger hochmütig und weiser wären, würden sie das Leben der Tiere und Pflanzen genauer wahrnehmen. Aber sie werden oft von verrückten Ideen erfasst, die sie mitreißen und die sie dazu bringen, vorwärts zu eilen, ohne zu wissen, warum; ohne sich Zeit dafür zu nehmen, um sich zu schauen. Und das, obwohl sich im Frühling, wenn das Gras zwischen den Steinen zu sprießen beginnt, mehr lernen lässt als von all den ausgeklügelten Maschinen. Aber wer weiß schon heutzutage solche Dinge noch?»
