Noch tausend Schritte bis Jerusalem
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Katja A. Freese
- ISBN: 978-3-75316-957-6
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Katja A. Freese
Taschenbuch; aus Umweltschutzgründen nicht in Plastik eingeschweißt
348 Seiten - Gesamtgewicht: 0,403 kg
Lange erwartet, endlich da in 2021: Wärmste MEERSTERN-Empfehlung!
Nach 2000 Jahren kennt man noch ihre Namen; der eine wurde zu einem Heiligen ernannt, der andere zum größten Verräter aller Zeiten. Doch was, wenn das nicht die Wahrheit ist? Wenn sie allesamt falschlagen? Dies ist die Geschichte von Judas und Jeshua.
Ein Manifest über die Liebe und den Mut ihr zu folgen, wohin sie auch führen mag.
MEERSTERN-Kommentar: Zu diesem Buch müssen wir mehr erzählen. Wir haben mehrere Jahre auf die Veröffentlichung dieser Geschichte gewartet. Die Autorin hat daran über 20 Jahre gearbeitet. MEERSTERN hat den Buchprozess begleitet. Umso mehr freuen wir uns nun darüber, dass Katja A. Freese, frühere Autorin des Govinda-Verlages, diesen wahrhaft besonderen Roman nun mit uns teilt. Das Buch besitzt alles, was ein gutes Buch nur haben kann: Humor, Weisheit, Liebe, Dramatik, Spiritualität, Psychologie und Poesie. Jeshua und die Menschen um ihn herum werden menschlich, sie werden einem fast vertraut. Sie rühren zu Tränen, verärgern, verwundern. Ein provokantes Buch, ein mutiges Buch, ein ehrliches Buch. Unbedingt entdecken, es lohnt sich sehr!
Als die Sonne langsam über dem Erdboden flimmerte und glühend mit der spröden Umgebung verschmolz, fragte Nathanael, ob ich nicht bei ihnen lagern wollte. Auch Marjam forderte mich auf zu bleiben, und so willigte ich zögernd ein. Ich versorgte David und gesellte mich dann zu Marjam und Nathanael. Er schichtete ein paar dürre Zweige und getrockneten Kameldung auf und entzündete ein Feuer, während Marjam anfing, die Zutaten für einen Brotteig in einer flachen Tonschale zu vermengen. Jeshua hatte sich ein Stück abseits am Rande eines Felsens niedergelassen und blieb unbewegt dort sitzen. Ich betrachtete seinen geraden Rücken.
„Bitte iss mit uns“, bot Marjam an, als der erste Fladen ausgebacken war. Dankbar nahm ich Brot und Oliven von ihr entgegen. Sie entschuldigte sich bald darauf und verschwand außer Sicht. Nur Nathanael schien froh, sich unterhalten zu können. Er strich durch seinen Bart, wies mit seinem Kinn in Jeshuas Richtung und sagte: „Es soll den Geist befreien. Du weißt schon: von allem, was so stört.“
Nathanael langte nach dem nächsten Brot und aß es hungrig.
„Zu welcher Gemeinschaft zählt euer Lehrer sich?“, fragte ich und ließ meinen Blick zu Jeshua wandern, der im Rot der Felsen saß und Richtung Westen schaute. Die Sonne ging gerade unter.
„Och“, machte Nathanael und rieb sich die Krümel von den Lippen, „zu keiner, er hat seine eigenen Ideen.“
Ich runzelte nachdenklich die Stirn und spuckte einen Olivenkern aus.
Nach einiger Zeit kehrte Marjam zurück. Sie drehte sich zu Jeshua, als würde sie sich fragen, warum er nicht ans Feuer kam.
„Euer Lehrer ist nicht sonderlich gesprächig“, bemerkte ich.
Marjam schüttelte den Kopf. „Ich weiß auch nicht, was er heute hat. Normalerweise unterhält er sich viel.“
Nathanael nickte. „Kann man wohl sagen.“
„Ist es sicher, dass ich ihn nicht störe?“, fragte ich und überlegte, ob ich nicht doch zur nächsten Herberge reiten sollte.
„Natürlich störst du nicht“, antwortete Marjam. „Er hat mir vorhin gesagt, dass er sich über deine Anwesenheit freut.“
Nathanael und ich blickten Marjam erstaunt an.
„Rabbis sind eigenartig, kann ich dir sagen“, sprach Nathanael zu mir und verdrehte die Augen.
„Nathanael“, stöhnte Marjam, „rede nicht so einen Unsinn.“
Er machte eine wegwerfende Handbewegung. „Pah! Jeshua ist eigenartig. Er weiß Dinge, die nicht normal sind und ...“
„Redet ihr von mir?“, fragte Jeshuas gelassene Stimme, und Nathanael wurde rot. Jeshua setzte sich zwischen ihn und Marjam und grinste ein wenig, sagte aber nichts. Ich sah, wie Marjam ihn abwägend ansah. Er nahm sich von dem Brot und kaute schweigend. So wandte sie sich mir zu und fragte nach meinem weiteren Weg. Ich berichtete von meinen Geschäften in Tiberias. Jeshua hörte still zu, zumeist den Blick in die niedrigen Flammen gerichtet. Ich bemühte mich, ihn nicht anzustarren, denn das war genau das, was ich tun wollte. Weil er mir eigenartig vertraut vorkam, wie ein Traumschatten, an den man sich zu erinnern sucht und der doch im Laufe des Tages in sich selbst versinkt.
Als Nathanael etwas zu erzählen begann, zog es meine Aufmerksamkeit erneut zu Jeshua. Er sah im gleichen Moment zu mir. Sein Blick war unmittelbar und hell, als brannte auch in ihm eine Frage, auf die er keine Antwort fand. Mich ergriff die gleiche Unruhe, die ich auch nach unserer ersten Begegnung am Stand des Persers verspürt hatte. Wir wandten uns beide wieder Nathanael zu, der berichtete, wie er zu viel getrunken hatte und neben einem Ziegenkadaver aufgewacht war. Irgendwann konnte ich dem Drang nicht widerstehen, noch einmal zu Jeshua zu sehen. Genau wie er. Er lächelte überrascht und senkte seinen Blick zurück zu den Flammen.
Schönheit, dachte ich und konnte mich nicht vom Anblick seines Lächelns lösen, das ist Schönheit.
„Jeshua, das, was du tust, ist wichtig. Aber du selbst bist ebenso wichtig. Die Welt mag dich brauchen, aber manchmal wird sie auch einen Tag auf dich warten können“, sagte ich sacht. Er schaute mich an und schüttelte leicht den Kopf.
„Ich bin wirklich erschöpft, Judas“, gestand er, und ich fragte ihn, was er denn an diesem Abend bräuchte. Der Schabbat würde mit dem Zwielicht einsetzen, und sicherlich wurde erwartet, dass Jeshua ihn gemeinsam mit den anderen beging.
„Ruhe“, sagte er und lächelte matt, „und einen Freund.“
Mein Name lautet Katja A. Freese.
Wofür das A. steht? Es steht für einen Namen, mit dem ich nie gerufen worden bin, weshalb er für mich ein A. bleibt, und von mir und anderen gern beliebig angepasst werden darf. Das geht dann von Katja Anagramm bis hin zu Katja Abwegig Freese. Schriftstellerei – ein Spiel mit Buchstaben. Warum nicht beim Namen beginnen?
Im 20. Jahrhundert fiel in einem Haus in Kamen plötzlich ein Buch aus dem Regal und traf mich in meiner Wiege. Gezeichnet wurde ich mit einer kleinen Narbe neben dem rechten Auge sowie einer Leidenschaft für Bücher – sie zu lesen und mehr noch sie zu schreiben.
Dieser Leidenschaft blieb ich treu. Am Ende meiner Studienzeit (Literaturwissenschaft / prähistorische Archäologie / Pädagogik) hatte ich zwar kein Diplom in der Tasche, dafür aber fünf Romane geschrieben.
2003 veröffentlichte ich den ersten Roman «Der Rückwärtsleser» im Govinda Verlag, Zürich und im weiteren Verlauf meines Autorendaseins zahlreiche Kurzgeschichten und Gedichte in Tageszeitungen und anderen Kulturportalen.
Nebenbei studierte ich mit großer Wissbegier spirituelle Texte verschiedener Kulturen und widmete mich dem Nach-Innen-Lesen – immer auf der Suche nach dem Zen des Lebens. Ich arbeitete einige Zeit im Bereich Meditation und Kreativitätsförderung in einer psychologischen Praxis und unterstützte in den letzten Jahren Buchprojekte mit künstlerischem Lektorat.
Die Kunst hat mich durch Kindheit und Jugend begleitet: Ich habe gesungen, gemalt, gezeichnet, Geschichten, Songs, Gedichte und meinen ersten Roman namens «Blutgewitter» geschrieben, musste mich aber dann entscheiden, denn ich konnte nicht alles mit gleichem Aufwand betreiben. Ich habe das Schreiben und das Singen gewählt – die Malerei machte nach dieser Entscheidung einen enttäuschten Eindruck und entzog mir ihre Gunst, doch in kleinen Momenten flammt sie wieder auf.
Zudem hat kürzlich die Fotografie zu mir gefunden, wir sind enge Freunde geworden. Alles, was ich tue, das tue ich mit tiefster Hingabe. So scheint jede einzelne Bezeichnung meiner Tätigkeiten zu klein geworden, und ich beende die Vorstellung meiner Person mit folgenden Worten:
Ich bin Katja All Freese – Künstlerin.
«Lichtverhältnisse –
Jahrtausendschatten sind über Licht gewachsen, habe es hinter Mauern gesperrt, mit Gold überstrahlt. Jetzt wartet es in der Dunkelheit darauf, einem alten Glauben zu entkommen und uns zu erinnern, dass wir selbst es sind, die etwas verändern können. Es ist an uns – für bessere Lichtverhältnisse in der Welt zu sorgen.»
Worte und Wahrheit
Meine Reise mit Judas begann für mich 1993 in einer abgelegenen Buchhandlung in Port Angeles, Washington. Dort erstand ich das Buch «Daybreak», Prophezeiungen von No Eyes, einer Ureinwohnerin Amerikas, die durch ihre Erblindung ihren Blick in die Welt hinter der Welt richten konnte. Es war ein Frage- und Antwortbuch, gefüllt mit Weisheiten ihrer Kultur, das ich immer wieder durchblättert habe.
Erst im Jahre 2000 stieß ich beim Aufräumen erneut auf das Buch und schlug es wahllos auf. Auf jener Seite stand eine Frage zum Christentum, die ich noch nicht gelesen hatte. Die kurze Antwort hat mich 20 Jahre lang beschäftigt, und die wenigen Zeilen haben mich dazu gebracht, insgesamt um die 1000 Seiten über Judas und Jesus zu schreiben.
No Eyes sagte, dass Judas kein Verräter sei, sondern selbst vom Tempel verraten wurde. Ich bin nicht sonderlich religiös aufgewachsen, aber diese Worte strahlten eine so starke Dramatik aus, dass ich die Geschichte ergründen musste.
2006 veröffentlichte dann der National Geographic die Übersetzung der Fragmente des gefundenen Judas-Evangeliums und bestätigte mit ihrem Inhalt nicht nur No Eyes‘ Worte, sondern faszinierenderweise auch meine eigene Idee, dass Judas Jesus‘ engster Vertrauter war.
Dies sind keine anerkannten Quellen. Doch wer weiß? Vielleicht verbirgt sich hinter den Worten meines Romans eine Wahrheit, die seit 2000 Jahren darauf wartet, gefunden zu werden …
«Eine ebenso berührende wie provokante Interpretation des 2006 veröffentlichten und umstrittenen Judas-Evangeliums.»
«Es ist so, dass man immer weiterlesen möchte...» (Eugen Drewermann)
«Ich lese und kann nicht mehr aufhören. Meine Grundbedürfnisse wie Essen und Trinken freiwillig ignorierend, ebenso wie mein beginnendes Augenbrennen, gelang es mir endlich nach Stunden dieses Buch für eine kurze Zwangspause aus der Hand zu legen... Fast spürte ich den staubigen Wüstenboden unter meinen durchgelaufenen Sandalen, ebenso, wie das prickelnde Gefühl von Heiligkeit und Nächstenliebe (...)» (Nathalie von Ossowski auf auf Facebook, 18.04.2021)
«Ein wunderschönes Buch über die Liebe! Danke dafür! Habe selten so geweint! Es war meine Urlaubs-Lektüre in Frankreich mit Blick auf den Atlantik! Traumhaft! War so vertieft, dass ich mit einen mächtigen Sonnenbrand zugezogen hab! :))» (B. Stadter aus Bayern, Juli 2021)